Sowohl FDP als auch Grüne (wo ist eigentlich die SPD?) feiern sich für einen ganz tollen Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG). Wenn mensch sich zwei Seiten des „Einigungspapiers“ anschaut, drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass hier teilweise nicht wirklich nachgedacht wurde und letztendlich mehr Fragen offen bleiben, als Antworten gegeben wurden. Dem Klimaschutz zuträglich ist das Pamphlet keinesfalls. Ob es die durch Springer, FDP und CxU suggerierte Verunsicherung der Bevölkerung beseitigt ist ebenfalls zu bezweifeln.

Ein großes Ziel war, das GEG eng mit der sogenannten „kommunalen Wärmeplanung“ zu verzahnen. Das ist grundsätzlich gut und nachvollziehbar. In manchen Bundesländern gibt sind kommunale Wärmepläne auch bereits im Entstehen, aber nicht überall.

„Eine deutschlandweite kommunale Wärmeplanung streben wir bis spätestens 2028 an.“

2028 ist ohnehin schon sehr spät, aber eine Formulierung wie „streben (..) an“ ist freundlich formuliert für „kommt vielleicht irgendwann oder auch nicht“. Tatsächlich soll für Großstädte schon 2026 eine Wärmeplanung vorliegen, dies ist aber nicht Bestandteil des GEG.

Der erste Punkt im Einigungspapier lautet dann gleich:

„Solange keine Kommunale Wärmeplanung vorliegt, gelten beim Heizungstausch die Regelungen des GEG noch nicht.“

Mit anderen Worten: Solange das wischiwaschi-Ziel nicht erfüllt ist, passiert erstmal nichts. Eigentlich könnte mensch hier zu lesen aufhören. Aber wir schauen mal, was da noch so kommt.

„In Neubaugebieten gelten die Regelungen des GEG unmittelbar ab 1.1.2024.“

Was ist ein „Neubaugebiet“? Ich habe keine (juristisch belastbare) Definition für „Neubaugebiet“ gefunden. In meiner früheren Heimat wird ein Stadtteil als Neubaugebiet bezeichnet, wo die ersten Häuser in den 1970ern gebaut wurden. Da werden sich Gerichte noch streiten dürfen, was ein Neubaugebiet ist und ob da nun eine Gasheizung eingebaut werden darf, oder nicht. Vermutlich muss hier noch nachgebessert werden in die Richtung „ab dem 01.01.2024 neu ausgewiesenes Bauland“ o.ä. Grundsätzlich ist aber zunächst einmal positiv zu vermerken, dass in Neubauten in Neubaugebieten ab nächstes Jahr nur mit mind. 65% erneuerbaren Energien (EE) betriebene Heizungen eingebaut werden dürfen.

Außerhalb von diesen noch näher zu definierenden Neubaugebieten gilt das aber nicht:

„(..) dürfen ab dem 1.1.2024 Gasheizungen eingebaut werden, wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind. Dies gilt auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten.“

Der ursprüngliche GEG Entwurf – oder auch „Heizungshammer“ gilt (mit weiteren Einschränkungen, dazu später) als zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten.

Falls für eine Kommune nun irgendwann diese kommunale Wärmeplanung existiert, wird unterschieden, ob die Planung ein „klimaneutrales Gasnetz“ vorsieht oder nicht. Dieses klimaneutrale Gas wird nicht näher erläutert, es wird aber offensichtlich ausschließlich (grüner oder blauer) Wasserstoff darunter verstanden, kein Biogas o.ä. Zumindest wird im Zusammenhang mit „klimaneutralen Gasnetzen“ immer auf „auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen“ verwiesen. De facto ist es alles andere als einfach, bestehende Gasnetze auf Wasserstoff umzurüsten und ökonomisch ist es auch wenig sinnvoll teuren und knappen Wasserstoff in Haushalten zu verheizen. Allerdings haben natürlich Gaslobby und die lokalen Gasnetzbetreiber ein großes Interesse daran, die für viel Geld gebauten Verteilnetze und das fossile Geschäft möglichst lange am Leben zu erhalten. Sie werden also alles daran setzen, eine solche Planung voranzutreiben. Die ursprünglich vorgesehenen verbindlichen Investitions- und Transformationspläne für Wasserstoffnetze (die einen erheblichen Anteil EE bis 2030 bzw. 2035 vorgesehen hätten) entfallen im neuen Vorschlag und werden durch „Fahrpläne (..) zum Hochlauf des Wasserstoffs bis 2045“ ersetzt. Das hält die Gasnetze vermutlich deutlich länger am Leben.

Kommunale Wärmeplanung beinhaltet ein „klimaneutrales Gasnetz“

Beinhaltet die kommunale Wärmeplanung ein solches „klimaneutrales Gasnetz“ dürfen weiterhin Gasheizungen (die als „H2-ready“ gelabelt sind) eingebaut werden. Theoretisch also bis 2045 der Gashahn zugedreht wird. 

Kommunale Wärmeplanung ohne „klimaneutrales Gasnetz“

Sieht die kommunale Wärmeplanung kein klimaneutrales Gasnetz vor, dürfen Gasheizungen nur eingebaut werden, wenn sie zu 65% mit Biomasse oder „nicht-leitungsgebundenem Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden“. Ich bin überfragt, was das konkret bedeutet – Wasserstoff wird in Eimern angeliefert? Unklar ist, was das für hybride Heizungen (z.B. in Verbindung mit Wärmepumpe) bedeutet.  
Wenn kein klimaneutrales Gasnetz vorgesehen ist, gilt auch noch der etwas wirre Satz:

„ (..) ergeben sich angemessene Übergangsfristen zur Umstellung auf die neue Technologie, die die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung nicht verzögern“.

Ich interpretiere das so, dass ich – sofern ich eine Gasheizung habe oder einbaue – irgendwann bevor das Gasnetz abgeklemmt wird eine neue Heizung einbauen muss (was irgendwie logisch ist).

Zusammengefasst sagt dieser erste Abschnitt des Einigungspapieres aus, dass zunächst einmal eine kommunale Wärmeplanung vorliegen muss, bevor Eigentümer:innen eine Entscheidung über eine klimafreundlichere Heizung fällen müssen. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, führt aber dazu, dass noch über viele Jahre konventionelle Gas- und auch Ölheizungen neu eingebaut werden können. Zudem wird ein starker Fokus auf den Erhalt bzw. Umbau der Gasnetze (hin zu Wasserstoffnetzen) gelegt – wobei die meisten Experten Wasserstoff in Heizungen weder für praktikabel noch für ökonomisch sinnvoll halten. Sofern die Kommunen in der Wärmeplanung darauf aufspringen ermöglicht dies auch nach 2028 (oder wann immer die Planung abgeschlossen) ist, Gasheizungen (mit H2-ready Label) neu einzubauen.

Beim Verkauf von fossil betriebenen Heizungen soll eine verpflichtende Beratung ab 2024 die Käufer:innen vor Fehlinvestitionen bewahren. Fraglich ist jedoch, wie wertvoll ein solche Beratung ist, wenn sie vom Verkäufer der Ölheizung kommt, Wir können ja mal Hr. Schäfflers Schornsteinfeger fragen oder uns beim Metzger zu veganer Ernährung beraten lassen.

Sollten sich Eigentümer:innen jetzt tatsächlich gewollt oder ungewollt eine klimafreundlichere Heizung anschaffen wollen gibt es dafür eine weitere Option:

„Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65%-Vorgabe ausnahmslos“

Holz- und Pelletheizungen sind theoretisch CO2-neutral (wenn man Transport und Verarbeitung außen vor lässt), in der Praxis muss natürlich ein gleichem Maße Wald nachwachsen, wie Holz verbrannt wird, was nachweislich nicht der Fall ist. Zudem entsteht beim Verbrennen von Holz (auch in modernen Pelletheizungen) eine Menge ungesunder Feinstaub. Keine gute Option.

Vage bleibt das Papier bei der Förderung:

„Mieter sollen nicht über Gebühr belastet werden. Vermieter solle Anreize haben, in moderne Heizungssysteme zu investieren“

Klingt erst einmal gut. Konkret soll dafür eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden, die voraussetzt, dass eine Förderung in Anspruch genommen wird und „die Mieterinnen und Mieter von der Inanspruchnahme der Förderung (..) finanziell profitieren“. Einen Großteil der Modernisierungskosten tragen also die Mieter:innen.

Auch Haushalte sollen nicht überfordert werden. Auch hier bleibt es vage. Es soll Förderungen geben, die „soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigt“. Wo nach Ansicht von Herrn Lindner (geschweige denn Hr. Merz) die „Mitte der Gesellschaft“ liegt, will ich lieber nicht wissen.

Zusammengefasst: Was als ambitioniertes Unterfangen zur echten Emissionsreduzierung im Gebäudebereich begann, endet nach aktuellem Stand in einem Gesetz, das wenig ambitioniert ist, viele Lücken offen lässt, tatsächlich wirksame Maßnahmen weit in die Zukunft verlagert, Holzverbrennung als klimafreundlich labelt, die Illusion von klimaneutralem Wasserstoff in der Heizung fördert und Regelungen der Vorgängerregierung (Ölheizung) abschwächt. Die Verzahnung mit der Wärmeplanung ist durchaus sinnvoll und gibt Eigentümer:innen mehr Sicherheit. Dem Klima ist das sicher nicht zuträglich. Die Sektorziele im Gebäudebereich werden so ganz sicher nicht erreicht. Aber die gibt es ja ohnehin nicht mehr.

Einen Vorteil hat die ganze Diskussion möglicherweise: Die Wärmepumpe ist in den Fokus gerückt und vielleicht denken dadurch einzelne Eigentümer:innen nochmal nach, bevor eine neue Gasheizung angeschafft wird.

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