Es gibt vieles, was mensch an und in der aktuellen Regierung kritisieren kann. Die vergangene Woche hat jedoch (mal wieder) deutlich gemacht, dass es mit der FDP in der Regierung keinen Aufbruch und keine Erneuerung und ganz bestimmt keine Klima-Koalition (den sogenannten „Klimakanzler“ lassen wir hier mal außen vor) geben kann.

FDP sabotiert

Da ist zunächst die Novelle des Gebäudeernergiegesetzes (GEG), die vorsieht, dass ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Das GEG wurde im Kabinett einstimmig von allen anwesenden Ministern – auch denen der FDP – angenommen. Der Beschluss war noch keine 5 Minuten alt, da twittert der Finanzminister – der gerade eben noch zugestimmt hatte – dass das Gesetz so nicht durch den Bundestag kommen könne.

Das Gesetz beinhaltet großzügige Übergangsfristen, Ausnahmeregelungen und finanzielle Unterstützung. Selbst die – ähnlich wie eFuels – völlig unrealistischen „Wasserstoff-ready“ Heizungen haben ihren Weg in den Gesetzestext gefunden.

CDU und CSU, die BILD und eben auch die FDP blasen alle in das gleiche Horn,. Von einem „Heizungsverbot“ ist die Rede. Eine „Enteignung“ der Hauseigentümer wird herauf beschworen. Das ist alles hanebüchener Unfug und Populismus. Natürlich wird es Härtefälle geben und für manche wird sich vielleicht tatsächlich keine gute Lösung finden. Aber grundsätzlich sagt das Gesetz nur:

Ab 2024 dürfen keine neuen reinen Öl- oder Gasheizungen mehr neu eingebaut werden. Reparaturen u.ä. sind weiterhin möglich, und es wird auch niemand gezwungen eine funktionierende Haizung auszutauschen.

Wer ein bisschen rechnet, kann eigentlich von selbst auf die Idee kommen. Wenn wir 2045 klimaneutral sein wollen (was viel zu spät ist, aber das ist ein anderes Thema) verbrennen wir spätestens 2045 nichts mehr, kein Öl, kein Gas, kein Holz. Nix. Nada. Eine Heizung hat eine Lebensdauer von 20 – 30 Jahren. Wenn ich mir heute eine Öl- oder Gasheizung einbaue, habe ich in spätestens 22 Jahren ein „stranded Asset“, einen nutzlosen Haufen Schrott im Keller. Von den auf mittlere Frist massiv steigenden Betriebskosten wegen steigender CO2-Preise, steigender Netzgebühren usw… will ich hier gar nicht reden. Letztendlich schützt das Gesetz also alle Beteiligten: Produzenten und Konsumenten, Zulieferern und Infrastrukturbetreibern und gibt Planungssicherheit für Eigentümern, Investoren, Wirtschaft und Verwaltung.

Ein Parteivorsitzender und Finanzminister, der – innerhalb von Minuten – seine eigenen Entscheidungen in Frage stellt ist in dieser Position fehl am Platz.

FDP blockiert

Als Reaktion auf das aufgeweichte Klimaschutzgesetz kündigen die Letzte Generation, Extinction Rebellion und andere Klimagruppen an, Berlin lahm zu legen. Herr Wissing schreibt dazu „Unterschiedliche Meinungen zeichnen eine lebendige Demokratie aus. Über Klimaschutz reden und ringen: ja. Über Blockaden anderen den eigenen Willen aufzwingen: nein!“. Wer erinnert sich noch? Genau dieser Herr Wissing hat doch kürzlich versucht, durch Blockaden beim Verbrenner-Aus der EU seinen Willen aufzuzwingen? Für einen Verkehrsminister, der seine gesetzlichen vorgegebenen Ziele nicht erreicht und sich zudem noch weigert, das gesetzlich vorgegebene Sofortprogramm vorzulegen gelten wohl andere Regeln. Oder wie Herr Lindner auf dem FDP-Parteitag sinngemäß sagte: Um die CO2-Ziele im Verkehrssektor zu erreichen müsste ein Tempolimit eingeführt werden. Und in ein paar Jahren vielleicht sogar „drakonische Maßnahmen“, wie autofreie Sonntage. Ja liebe FDP, auch in den 70ern gab es autofreie Sonntage. Bleibende Schäden hat davon niemand davon getragen. Und je länger mensch wartet, je länger mensch nichts tut, desto drakonischer werden die Maßnahmen und die Folgen ausfallen.

Nachtrag (23.04.2023): Neben seiner Weigerung das Klimaschutzgesetz umzusetzen, stellt sich Hr. Wissing auch gegen den Willen von über 600 Kommunen, die fordern, dass sie eigenverantwortlich Tempo 30 einführen können, „wo sie es für sinnvoll halten“. Hr. Wissing framed das (und es wird leider von vielen Medien übernommen) als „fläschendeckend Tempo 30“ und lehnt es kategorisch ab, weil man „an den Durchgangsverkehr denken müsse“. Der Durchgangsverkehr ist wichtiger als die Belange von Anwohnern oder die „Freiheit“ der Kommunen selbst zu entscheiden.

Ein Verkehrsminister der sich kategorisch weigert, seine gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen ist in dieser Position fehl am Platz,

FDP schadet

Nachtrag (23.04.2023): Neben der Blockade- und Sabotagehaltung (s.u.) betont die FDP auf ihrem Bundesparteitag auch erneut ihre wissenschaftsignorante und marktideologische Haltung. Insbesondere der bekennende Klimawandelskeptiker Frank Schäffler und Gründer von Prometheus (einem „Think Tank“ der u.a. von ExxonMobil, Philip Morris und den Koch Brüdern finanziert wird) tut sich mit einem Antrag (der angenommen wird) gegen das geplante GEG hervor und stellt sich damit gegen Koalitionsbeschlüsse und den Koalitionsvertrag (Ankedote am Rande: Laut einer aktuellen Umfrage ist eine Mehrheit der FDP-Wähler für ein Gasheizungsverbot). Begründung – wie so häufig bei der FDP – ist die fehlende „Technologieoffenheit“, dafür wird (entgegen jeglicher Technologieoffenheit) der massive Wasserstoff-Ausbau gefördert, der – gemäß aller ernstzunehmenden Expertenmeinungen – zumindest für Wohngebäude ineffizient, teuer und vor allem nicht verfügbar ist. Aber auch Lindner und Co. träumen von Zukunftstechnologien wie Fusionsreaktoren, den immer wiederkehrenden eFuels und ähnlichen Fantasien, die aber leider an der Realität vorbei gehen. Hauptsache jetzt nichts tun. Deutsche Innovation und Erfindungsgeist wird in kürzester Zeit die Probleme lösen, die in den letzten 50 Jahren nicht gelöst wurden, wenn man nur die freien Kräfte des Marktes wirken ließe. Alleine über CO2-Zertifikate würde der Markt das regeln (im Widerspruch dazu wird betont, dass es für die Bevölkerung nicht teurer werden dürfe). Die ab 2027 von der EU vorgesehenen Zertifkate würde man gerne vorziehen – das wird aber im gleichen Atemzug als „nicht machbar“ gleich wieder einkassiert.

DIe FDP versäumt es den Wirtschaftsstandort Deutschland mit einem „Boost“ für erneuerbaren Energien und bereits verfügbaren Produkten bei e-Mobilität, Batterietechnik, Wärmepumpen etc… nachhaltig zu stärken und auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu gestalten. Mit Träumen von eFuels und Wasserstoff wird die dringend notwendige Transformation der Industrie verzögert und der Status Quo erhalten. Wohin das führt sieht man in China – dem bisher größten Absatzmarkt für deutsche Autos – wo Verbrenner-Fahrzeuge zunehmend an Boden verlieren und deutsche E-Autos nur noch unter „ferner liefen“ rangieren.

Eine Partei, die weiterhin glaubt neoliberale Marktideologie würde alle Probleme lösen, ist in einer „Fortschrittskoalition“ fehl am Platz.

FDP zündelt

Den Vogel abgeschossen hat dann aber Herr Buschmann, der die friedlichen Proteste der Letzten Generation (LG) mit den Straßenkämpfen der linksradikalen KPD und der nationalsozialistischen SA in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gleichsetzt. Mit solchen Aussagen suggeriert Herr Buschmann, dass von den friedlichen Demonstrationen der LG eine reale Gefahr ausgehe. Dies wird in den Medien und sozialen Medien millionenfach wiederholt und schürt somit eine unbegründete aber reale Angst. Dieses „Framing“ einer „Klima-RAF“ provoziert tatsächliche Gewalt der Gegner. Wenn ein Justizminister in dieser Situation noch Öl ins Feuer gießt und damit indirekt Selbstjustiz legimitiert, ist er in dieser Position in einem Rechtsstaat fehl am Platz.

Die FDP gleicht derzeit einem mehrfach zu Boden gegangenem Boxer, der in der Ecke hängt und nur noch wild um sich schlägt, bis er endgültig ausgeknockt wird. Für die Demokratie und den Klimaschutz sind das keine guten Voraussetzungen. Bleibt zu hoffen, dass weitere Wahlschlappen zu einem Umdenken führen, zu erwarten ist das leider nicht.

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