Es wurde ja schon viel geschrieben über eFuels, ineffizient, teuer, nicht verfügbar, werden für Flug- und Schiffsverkehr gebraucht, nicht für PKW und vieles mehr. Trotzdem kleben die Herren Wissing und Lindner beharrlicher am eFuel als die Letzte Generation am Asphalt. Schauen wir uns das mal ganz objektiv an.
Was sind eigentlich eFuels?
Um zu verstehen, was eFuels sind rufen wir uns mal kurz in Erinnerung, was Benzin – ohne „e“ – eigentlich ist.
Benzin wird in einem komplexen chemischen Prozess aus Öl gewonnen und besteht zu großen Teilen aus Kohlenwasserstoffen. Kohlenwasserstoff hat eine hohe Energiedichte, d.h. brennt gut und produziert dabei viel Hitze. 1L Benzin hat einen Brennwert von (grob) 9 KWh. Mit 9 KWh könnte man einen (sparsamen) 4-Personen-Haushalt einen Tag lang mit Strom versorgen. In einen Tetrapack voll Benzin passt also mehr Energie, als in den Batteriespeicher mit den Ausmaßen eines kleinen Kühlschrankes, den ich im Keller stehen habe. Die hohe Energiedichte ist praktisch. Damit kann ich den Monatsverbrauch eines 4-Personen-Haushalts locker in den Tank eines Kleinwagens packen (Warum wir damit nicht sonderlich weit fahren können erkläre ich ein anderes Mal)
Öl ist dummerweise über Millionen von Jahren unter speziellen Bedingungen (Druck und Temperatur) im wesentlichen aus abgestorbenen Algen entstanden. Das kann mensch nicht einfach mal im Labor nachmachen (sofern mensch nicht ein paar Millionen Jahre warten möchte).
Was mensch aber machen kann, ist die Kohlenwasserstoffe nachzubauen. Dazu braucht es (wieder stark vereinfacht) im Grunde nur CO2 und Wasserstoff. Den Wasserstoff bekommt mensch durch Elektrolyse (mit erheblichem Energieeinsatz) aus Wasser. CO2 gibt es in der Atmosphäre sowieso zu viel. Mensch kann es (mit erheblichem Energieeinsatz) herausfiltern. Damit ist der Grundstoff vorhanden und es ist möglich synthetische Kraftstoffe, wie Benzin oder Kerosin zu basteln, ohne dabei Öl aus dem Boden zu buddeln.
Da diese Kraftstoffe chemisch größtenteils identisch mit herkömmlichen fossilen Kraftstoffen sind, können sie auch in herkömmlichen Schiffs-, Flugzeug- oder PKW-Motoren verbrannt werden (tatsächlich gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass das doch nicht ganz so einfach ist, aber nehmen wir mal an es wäre so). Beim Verbrennen der eFuels wird dann logischerweise genau so viel CO2 freigesetzt wie bei fossilen Kraftstoffen.
„Grün“ oder CO2-neutral werden eFuels erst dann, wenn im ersten Schritt (CO2 aus der Atmosphäre holen) genau so viel CO2 entzogen wird, wie in der gesamten folgenden Kette emittiert wird. Das heisst, dass die komplette Produktion und der Transport bis zur Tankstelle durch CO2-neutrale Energie erfolgen muss oder alternativ der Atmosphäre entsprechend mehr CO2 entzogen und irgendwo vergraben wird. Ich zahle also erstmal kräftig auf mein „CO2-Einspar-Konto“ ein und erkaufe mir damit die Erlaubnis das CO2 im weiteren Verlauf – insbesondere beim Verbrennen im Verbrenner – wieder in die Freiheit zu entlassen. Im Besten Fall steht dann am Ende eine Null auf meinem Konto und ich bin klimaneutral.
eFuels in der Praxis
Das „Leuchtturmprojekt“ für eFuels ist das Ende letzten Jahres in Betrieb gegangene „Haru Oni“ Projekt im Süden Chiles, an dem u.a. Porsche und Siemens Energy beteiligt sind. Es soll im ersten Schritt 130.000 Liter eFuel pro Jahr erzeugen. Ein Windrad liefert den notwendigen Strom, um Wasserstoff zu produzieren, dieser wird dann mit CO2 zu Methanol synthetisiert. In Zukunft soll das CO2 mittels „Direct-Air-Capture“ (DAC) aus der Umgebungsluft gewonnen werden. DAC (wie generell alle „Carbon Capture“-Verfahren) ist aktuell noch sehr teuer, energieintensiv und wenig effizient. Stand heute wird das CO2 für „Haru Oni“ per LKW angeliefert und stammt vermutlich aus Industrieprozessen.
Dieses Methanol soll in Zukunft nicht unbedingt direkt in Chile verarbeitet werden, sondern per Schiff nach Karlsruhe gebracht werden, wo es in einer Raffinerie zum eFuel wird. „Grün“ ist dieses eFuel also keineswegs. Nur die Wasserstoff-Elektrolyse erfolgt mit Windkraft. Wo im staubtrockenen Süden Chiles in Zukunft genug Wasser herkommen soll ist unklar. Es wird von Meerwasserentsalzung gesprochen. Für die CO2-Abscheidung (die Grundvoraussetzung für die Klimaneutralität) wurde gerade erst eine Kooperation mit einem DAC-Anbieter angekündigt, der Transport nach Deutschland erfolgt mit fossil betriebenen Schiffen und für die Raffinierung muss man vom deutschem Strommix ausgehen.
Das sieht aktuell nach ziemlichem Green-Washing aus. Aber das Ganze steht ja noch ziemlich am Anfang. Nehmen wir an, die noch fehlende DAC-Anlage, sowie ausreichend klimaneutrale „Methanol To Gasoline“-Anlagen werden gebaut und der Sprit wird mit eFuel- oder wasserstoffbetriebenen Schiffen nach Deutschland gebracht, ist also wirklich klimaneutral. Die ursprünglichen Ausbaupläne sahen vor, bis 2025 55 Mio. Liter eFuel und bis 2027 sogar 550 Mio. Liter zu produzieren. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das gelingt. Aufgrund von Problemen mit der Umweltschutzbehörde wurden zumindest die Anträge für den Ausbau der Windkraft zunächst zurückgezogen.
Selbst wenn die 550 Mio. Liter zur Verfügung ständen, muss mensch sich vor Augen halten, dass alleine in Deutschland im Jahr 2022 mehr als 22 Mrd. Liter Benzin verbraucht wurden (und noch einmal etwa die doppelte Menge an Diesel). Um einen nennenswerten Beitrag zur Dekarbonisierung zu leisten bräuchte es also noch eine ganze Menge „Haru Onis“ mehr (nur für Deutschland!).
HIF, die Betreiberfirma, plant auch in Texas eine ähnliche Anlage, die Lufthansa experimentiert mit synthetischem Kerosin und es gibt weitere Anlagen im Experimentier- oder Demonstrations-Stadium, die sich mit der Herstellung von synthetischen Kraftstoffen beschäftigen (was eben noch nicht heißt, dass diese klimaneutral sind). Von einer industriellen Fertigung in nennenswerten Maßstab sind wir aber noch weit entfernt.
Sinn und Unsinn von eFuels
EFuels werden in absehbarer Zeit nicht in einem Maße zur Verfügung stehen, dass sie einen nennenswerten Beitrag zur Dekarbonisierung des auf fossilen Kraftstoffen basierenden Verkehrs leisten könnten.
Auch von Klimaneutralität kann bei eFuels aktuell noch nicht die Rede sein. Dazu wäre es zunächst erforderlich wirksame DAC-Anlagen zu entwickeln und deren Energiehunger mit ausreichend erneuerbarer Energie zu decken, sowie die Transportwege zu dekarbonisieren.
Letzteres dürfte auch das vorrangige Einsatzgebiet von eFuels werden. Den globalen See- und Luftverkehr zu dekarbonisieren ist deutlich schwieriger als den Straßenverkehr zu elektrifizieren. Bis ausreichend bezahlbare Mengen an eFuels verfügbar sind, die nicht in anderen Bereichen benötigt werden, wird noch sehr viel Zeit vergehen.
Statt davon zu träumen, den Bestand an Verbrennerfahrzeugen (oder gar neue Verbrenner) mit klimaneutralen eFuels zu betreiben, müssen Regierung, Hersteller und die Gesellschaft mit Hochdruck daran arbeiten, den Motorisierten Individual Verkehr (MIV) massiv zu reduzieren und wo es nicht ohne geht, zu elektrifizieren.
Die Herstellung von eFuels ist extrem energieaufwändig und Verbrennungsmotoren sind extrem ineffizient. Erneuerbare Energien sind zu wertvoll, um damit auf großen Umwegen 2 Tonnen Stahl und 100kg Mensch zu bewegen.
Wer die Hoffnung schürt, mit eFuels könne man den fossilen MIV klimafreundlich (oder gar klimaneutral) machen, zementiert in Wahrheit den Status Quo und verhindert eine echte Mobilitätswende.
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